Spitze Spitzen

bei mitriformen Gastropoden

von Manfred Herrmann, Nov. 2007

Wer kennt sie nicht, die Geschichten von den Cebu-Doctors, die versuchen, wertloses Conchylien-Material in Gold zu verwandeln. Da erscheinen dann völlig neue Farbvariationen von Cypraeen oder Coniden, wozu lediglich ein Backofen benötigt wird. Oder seltene linksdrehende Gehäuse werden gefunden, wobei ein künstliches Periostrakum wertvolle Verschleierungshilfe bietet. Klar, wenn ein Gehäuse statt weniger Dollar ein paar Hundert Dollar auf dem Markt bringen kann, ist die Versuchung groß, ein bisschen nachzuhelfen. Schöne Beispiele dazu sind auf der Webseite von Guido und Philippe Poppe zu finden: http://www.conchology.be/en/shelltopics/fakeshells/

Doch scheinbar brauchen diese Künstler auf Cebu und sonst wo auf der Welt auch Material, mit dem sie üben können. Wie sonst wäre es zu verstehen, dass Schalen, die zum Teil weniger als 5 Dollar kosten, z.B. Vexillum vulpecula oder Domiporta granatina, auch diesen Verschönerungsprozeduren unterzogen werden. Bei den abgebildeten Beispielen sind die "Spitzen" nun auffallend spitz. Dass diese nicht natürlichen Ursprungs sind, offenbart sich spätestens unter der Lupe: statt Windungen findet man nur "Kegelkappen" vor.

In den Abbildungen werden "natürliche Schalen und Spitzen" (links) jeweils den künstlerisch bearbeiteten (rechts) gegenübergestellt.

Bei Vexillum albofulvum ist die Verschönerungsmaßnahme deutlich zu sehen, da die unter der Spitze liegenden Windungen stark angeschliffen sind, um die Spitze "harmonisch" an das übrige Gehäuse anzupassen. Bei Scabricola condei verändert die riesige künstliche Spitze sogar die natürliche Form des Gehäuses drastisch. Bei Vexillum vulpecula und Domiporta granatina muss man dagegen schon genau hinschauen, dass der Natur nachgeholfen wurde.

Vielleicht sollten sich alle Sammler mal ihre Kollektionen anschauen, ob sie auch solch seltene Exemplare besitzen und vielleicht entsprechende Erfolgsmeldungen kundtun. Und für alle diejenigen, die noch keine solchen Schalen besitzen: Woher man diese Kunstwerke bekommt? Entweder bei Auktionen im Internet (nicht mal bei ebay) oder bei Händlern, die nur Beispielfotos ihrer Schalen parat haben oder einfach auf der nächsten Schneckenbörse in Öhringen! Klar, viele Händler merken gar nicht, was sie dort an den Sammler bringen, aber gerade deshalb sollte eine Lupe beim nächsten Einkaufsbummel nicht fehlen, damit man selbst sieht, was man kauft.

Also, ein ganz neues Sammelgebiet tut sich auf, auch wenn mir persönlich naturbelassene Schalen immer noch am liebsten sind.